Sonntag, 24. April 2016

Die Jägerin – Vergangenheit und Gegenwart von Nadja Losbohm



Band 3

Kurzbeschreibung

Vor der eigenen Vergangenheit kann man nicht fliehen. Das muss auch die Jägerin erkennen, und als sie am wenigsten damit rechnet, begegnet sie einem einst geliebten Menschen, der ihr viel Schmerz zugefügt hat.

Doch auch mit der Gegenwart muss Ada sich befassen, denn eine neue Gefahr bedroht ihre Heimatstadt…
Erhältlich bei Amazon.

Leseprobe

„Und wo ist sie?”, fragte ich Pater Michael und drehte mich um die eigene Achse, immer noch auf der Suche nach der neuen Waffe.
„Sie steht direkt vor dir”, erwiderte er und sah zum Labortisch, der immer noch aussah wie eine Rumpelkammer.
Ich folgte seinem Blick und suchte in dem Chaos nach etwas, das aussah, als könne es mir helfen. Für mich war es aber nur ein einziges Durcheinander, bestehend aus Bunsenbrenner, Spateln, Pipetten, Handschuhen, Schutzbrille und weißem Pulver. „Ich weiß nicht, was du meinst”, sagte ich und sah fragend zu Pater Michael.
„Kommt ein Stück näher, und ich zeige es euch”, winkte er uns zu sich. Alex und ich wechselten verwirrte Blicke. Nach kurzem Zögern wagten wir uns weiter vor. Sofort fiel mir der schwere Geruch von Schwefel und anderen Chemikalien auf. Was zur Hölle hatte der Pater hier getrieben? Während wir uns an den Labortisch stellten, ließ ich ihn nicht aus den Augen, als könnte ich von seinem Gesicht ablesen, was das große Geheimnis war. Pater Michael starrte nur zurück und zwinkerte nicht einmal. Er hatte das perfekte Pokerface. Der Padre gab jedem eine Schutzbrille, die wir misstrauisch beäugten. „Die werdet ihr brauchen, und es wäre sicherer, wenn ihr noch einen Schritt zurücktretet”, meinte er und wartete darauf, dass wir seinen Befehl befolgten.
Ich war mir nicht sicher, was ich von alledem halten sollte, vertraute aber Pater Michaels Urteilsvermögen und trat nach hinten. Alex hingegen rührte sich nicht, und ich musste ihn am Arm packen und zurückziehen. Er war schon völlig weggetreten von den Dämpfen, die in der Luft hingen. Ich sah zu, wie Pater Michael sich ebenfalls eine Schutzbrille auf die Nase setzte. Trotz der fettigen Haare und dem ungepflegten Stoppelgesicht stand sie ihm wesentlich besser als mir. Tja, einen schönen Mann konnte eben nichts entstellen. Ich dagegen sah wohl eher wie Puck die Stubenfliege aus. Zu allem Überfluss zog er sich auch noch Schutzhandschuhe an. Sie waren aus einem dicken, festen Stoff und hatten eine hübsche goldgelbe Farbe. Es waren feuerfeste Handschuhe. Mir wurde langsam mulmig zumute, und das lag nicht an den Gerüchen in dem Labor.
„Das hier”, er hielt die Schale mit dem weißen Pulver vor unsere Nasen, „ist Kaliumchlorat.” Jetzt erst sah ich, dass es kein richtiges Pulver war. Es war grobkörniger und ähnelte eher Salz. „Es wird auch bei der Herstellung von Streichhölzern verwendet und ist in Verbindung mit Schwefel oder auch rotem Phosphor hochexplosiv. Ein wenig Reibung, ein kleiner Schlag genügen und es gibt ein gewaltiges Feuerwerk”, erklärte er. Mit großen Augen starrte ich das weiße Salz an. Dann suchte ich in dem Chaos auf dem Tisch nach dem allseits bekannten gelben Schwefel und rotem Phosphor. Wie auch immer roter Phosphor aussah. In Chemie war ich noch nie wirklich gut gewesen. Zum Glück konnte ich weder das eine noch das andere entdecken. Erleichtert atmete ich aus. Ich wollte zwar eine effektive Waffe haben, aber bitte nicht schon bei der Demonstration zu Asche zerfallen. „Statt Schwefel oder Phosphor, welches ich hier nicht habe, nahm ich Holzmehl. Ich habe einige Versuche durchführen müssen, bis ich die richtige Mischung gefunden habe. Aber jetzt dürfte es richtig sein”, verkündete er und lächelte zufrieden.

„Dürfte richtig sein?”, wiederholte ich seine Worte ungläubig. „Das heißt, du bist dir nicht sicher. Jedenfalls nicht zu einhundert Prozent.” Wenn jemand mit seinem Chemiebaukasten spielte, sollte er sich wirklich, wirklich, WIRKLICH sicher sein, was dabei herauskommt. Zumindest ist das meine Meinung.
Pater Michael rieb sich mit einer Hand den Nacken und sah zu Boden. „Nun ja, ich bin natürlich kein Chemieprofessor. Aber die letzten Experimente sind sehr vielversprechend verlaufen”, gab er zurück.
„Okay, das reicht!”, rief ich empört aus und nahm die dämliche Schutzbrille ab. „Deine Worte überzeugen mich nicht, Michael! Ich habe keine Lust, hier in die Luft zu gehen. Ich würde gern noch etwas weiterleben.” Damit warf ich die Brille vor ihn auf den Labortisch und steuerte die Tür an.
Plötzlich knallte es hinter mir. Ich fuhr erschrocken zusammen und wirbelte herum. Mir war fast das Herz stehen geblieben, und ich musste mich selbst kneifen, um zu wissen, ob ich noch lebte. Nur war ich die Einzige in dem Raum, die kreidebleich bei der unerwarteten Explosion geworden war. Pater Michael und Alex grinsten wie blöde und freuten sich wie kleine Jungen darüber, dass ein Gemisch aus Salz und Mehl laut gerumst hatte. „Ihr beide seid doch total bekloppt!”, schrie ich sie hysterisch an.
„Ada, es hat funktioniert!”, rief mir Alex zu und sprang vor Euphorie fast in die Luft. Dann klopfte er dem Padre anerkennend auf die Schulter. „Da haben sich die Ohrenschmerzen der letzten Tage ja ausgezahlt”, meinte mein Bruder lachend.
„Wie bitte? Soll das heißen, du wusstest, was er hier treibt?”, fragte ich Alex aufgebracht.
„Na ja, das ständige Puffen und Knallen war kaum zu überhören”, antwortete er mir mit einem Schulterzucken.
Merkwürdig! Ich hatte derartige Geräusche nie gehört, während ich hier gewesen war. Was nur bedeuten konnte, dass Pater Michael seine Experimente stets dann durchgeführt hatte, wenn ich auf der Jagd gewesen war. Die beiden hatten mich erfolgreich vergackeiert! Schnaubend vor Wut rannte ich zu Alex zurück und boxte ihn in die Schulter.
„Hey! Was soll denn das?”, wollte er wissen und versuchte einem weiteren Schlag zu entkommen. Es gelang ihm nicht, und ich traf seinen Schulterknochen so fest, sodass sogar mir die Finger wehtaten. Aber das war es wert. „Du hättest es mir sagen müssen!”, blaffte ich ihn an.
„Wir wollten dich überraschen”, erklärte mir Alex und sprang meiner Faust gerade noch rechtzeitig aus dem Weg.
„Tolle Überraschung! Echt! Ihr seid beide wahnsinnig! Bescheuert! Einfach nur bescheuert!”, schrie ich meinen Bruder an und warf Pater Michael einen wütenden Blick zu.
„Aber”, sagte dieser mit erhobenem Zeigefinger, „es hat funktioniert.” Schon wieder grinste er selbstzufrieden, was mich beinahe zum Kotzen brachte.
„Wenn dir nun was passiert wäre? Wenn du die ganze Kirche in die Luft gejagt hättest? Schon mal da dran gedacht?”, fragte ich ihn und sah ihn vorwurfsvoll an. „Das da”, ich deutete auf die Chemikalien auf dem Tisch, „ist kein Spielzeug!”
Pater Michael sah mich erstaunt an. Er hatte etwas getan, etwas Gefährliches, was mir nicht gefiel. Mir fiel die Ironie des Ganzen schnell auf. Ich hatte mich vor nicht allzu langer Zeit ähnlich verhalten, als ich ungeschützt zum Fluss gegangen war.
„Ada, glaubst du wirklich, ich würde solche Dinge anfassen, ohne mich vorher zu informieren, wie man mit ihnen umgeht?”, fragte er mich.
Für eine Weile musterte ich ihn nachdenklich. Dann gab ich seufzend auf. „Wahrscheinlich nicht”, gestand ich und erntete ein Lächeln vom Padre. „Also, wie funktioniert das nun?”, hakte ich hastig nach. Ich hatte keine Lust auf einen Vortrag darüber, wie gründlich er stets in seinen Vorbereitungen ist.
Pater Michael reichte mir wortlos die Schutzbrille, die ich zuvor auf den Tisch geworfen hatte. Ich setzte sie auf und fühlte mich gleich wieder wie Puck. Wenige Sekunden später leuchtete eine Flamme vor uns auf, und gleichzeitig knallte es. Danach sahen wir uns alle schweigend an. Alex grinste immer noch, und ich wartete darauf, dass er in die Luft sprang und vor Freude die Hacken aneinander schlug. Er riss sich aber zusammen und blieb auf dem Boden.
„Mit Schwefel oder Phosphor wäre die Wirkung noch verheerender und schneller, aber… .”
„Ich mag schneller. Schneller ist gut!”, unterbrach ich Pater Michael.
Er grinste sein schiefes Grinsen. „Aber es ist auch gefährlicher. Zu gefährlich, als dass du es allein durch die Nacht trägst”, beendete er seinen Satz und klang ziemlich oberlehrerhaft. Ich zog einen Flunsch und ließ enttäuscht die Schultern hängen. Schade! Ich hatte mich schon gefreut, dem Ekelpaket von einem Mega-Oktopus ein hochexplosives Ende zu setzen. „Das hier wird auch reichen”, sagte Pater Michael, als er meine Enttäuschung sah, und deutete auf das Kaliumchlorat.
Nun war nur noch eine Frage zu klären. „Und wie kriege ich das Zeug zum Fluss?”
Pater Michael bückte sich und kramte unter dem Tisch herum. Natürlich hatte er auch für dieses Problem eine Lösung parat. Er stellte eine hölzerne Kiste vor uns ab und öffnete den Deckel. Sie war innen mit schwarzem Samt ausgekleidet, und zahlreiche Vertiefungen waren darin eingelassen, in denen genauso viele Glaskugeln lagen. „Ich werde sie befüllen. Deine Aufgabe ist es, sie vorsichtig an ihr Ziel zu tragen und im richtigen Moment auf ihren Weg zu schicken.”

Autorenvita

1982 in Hennigsdorf, Brandenburg, geboren, zog es die Autorin im Alter von sechs Jahren in die deutsche Hauptstadt, wo sie noch heute lebt und arbeitet. Dank der guten Gene ihrer Eltern interessiert sie sich schon seit Kindertagen für das Malen, Zeichnen und Fotografieren. Tat sie sich anfangs noch schwer mit dem Lesen, wurde sie dank einer berühmten Maus rasch zu einer Leseratte. Die Idee, eine eigene Geschichte zu verfassen, ereilte sie im Alter von 19.
Zehn Jahre dauerte es, bis das Erstlingswerk „Alaspis - Die Suche nach der Ewigkeit" fertig gestellt wurde und die Autorin den Mut fand, ihren Traum von einer Buchveröffentlichung mit anderen zu teilen. Am 15.10.2012 erschien die märchenhafte Saga als Ebook und Taschenbuch.
In den Jahren 2013 bis 2015 folgte die mehrteilige Jugendbuchreihe „Die Jägerin“, eine Mischung aus Sci-Fi und Fantasy-Romance mit einem Spritzer Humor.
„Hamster Stopfdichvoll & seine Freunde“ ist das achte Buch aus Nadja Losbohms Feder und das erste Kinderbuch, das sie veröffentlicht hat.

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Sonntag, 17. April 2016

Sinas Pferdeabenteuer von Sarah Lee

Klappentext:
 
Sina - Sammelband, Teil 1 - 3
Erlebt mit, welch spannende Abenteuer der Teenager Sina erlebt.
Fast immer mit dabei sind ihre Freunde, Klassenkameradin Reena und der aufstrebende Jungspringreiter Josef.
Das sind ihre ersten drei Abenteuer um ...
- ein verwahrlostes Pony im Schrebergarten
- geheimnisvolle Hufspuren im Watt
- eine scheue Araberstute, deren Vertrauen es zu gewinnen gilt.
Erhältlich bei Amazon als E-Book und als Taschenbuch.
  
Leseprobe:
 
Kapitel 1

Ach Mann, macht euren Kram doch alleine!“, fluchte Sina und warf die Forke wütend auf den Boden.
Scheppernd fiel das Utensil auf den dunklen Stein der Stallgasse. Eines der Pferde in den Ställen erschrak so sehr, dass es ein hysterisch-erbostes Wiehern ausstieß.
Ich weiß echt nicht, wo dein Problem ist?“, fragte Marina, eine blonde Sechzehnjährige, die ihren Haflinger Marino sattelte.
Ich soll jede Woche die Stallgasse saubermachen und ihr reitet nur. Das geht nicht.“ Mit funkelnden Augen starrte Sina Marina und ihre Freundin Belinda an. Beide gingen auf das Gymnasium und bildeten sich besonders viel ein. Aber Sina schwor sich, ihnen heute die Stirn zu bieten. „Ihr seid an der Reihe mit Fegen.“
Ja nerv' doch nicht!“, lachte Belinda und trat herausfordernd einen Schritt auf Sina zu. In ihrer rechten Hand hielt sie einen dicken Strick. Ihre Fuchsstute wurde scheu und trat zurück.
Sina zuckte zusammen, als das große Mädchen einen weiten Schritt auf sie zumachte und erwartete, von ihr zu Boden geschubst zu werden. Aber sie schwor sich, trotzdem die Stellung zu halten, nicht aufzugeben.
Belinda wandte sich von Sina ab und ihrem Pferd zu, zog brutal am Strick und schlug gegen die Nüstern. „Du dummes Tier, sei gefälligst ruhig!“, blubberte sie die Stute trotzig an.
In Sinas Brustkorb zog sich das Herz zusammen, so sehr schmerzte sie der Anblick des zurechtgewiesenen Tieres, das sich nicht gegen die grobe Hand seiner Besitzerin wehrte. Sina kannte Belinda als Zicke, die vor Gewalt gegen ihr Pferd kein Halt kannte. Sei es ein Gertenhieb bei Ungehorsamen oder auch aggressives Reißen am Zügel. Nein, Fairness gegenüber dem Tier lag dem Mädchen fern.
Hey, muss das sein, dass du dein Pferd auch noch schlägst?“, fragte Sina mit gefletschten Zähnen. Sie stemmte ihre Hände in die Seiten, bog den Oberkörper vor und machte große Augen. Ihr Herzschlag hatte sich verdoppelt und Adrenalin schoss durch ihre Venen. Jeder ihrer Sinne war bis aufs Äußerste geschärft.
Die Art und Weise, wie ich mit mit meinem Pferd umgehe, ist jawohl meine Sache. Halt dich daraus, du Anfängerin. Du meinst, nur weil deine Oma dir ein Pferd organisiert hat, bist du was Besseres?“
Sina bemerkte, wie ihre Hände schweißnass wurden und Wut durch ihren Körper pulsierte. Am liebsten wäre sie auf das freche Mädchen gestürzt und hätte sich mit ihr geprügelt. Die Hormone spielten verrückt. Es musste an der Pubertät liegen, dachte sie, denn nie war ihr der Gedanke gekommen, sich mit jemandem prügeln zu wollen. Der Anblick der dumm dastehenden und zuschauenden Marina fachte ihre Wut nur noch mehr an.
In dem Moment, wo Belinda ihr drohend gegenüberstand, mit dem Rücken zu ihrem Pferd gewandt, hoffte sie, die Stute würde vorschnellen und sie mit dem Kopf rammen.
Wehr dich gegen das fiese Mädchen, erwehre dich doch!, ging sie in Gedanken durch und versuchte mit aller Kraft, diese Gedanken auf das Pferd zu projektieren, was natürlich unmöglich war.
Was ist nun, Sina, hat es dir etwa die Sprache verschlagen?“
Vor Sinas Augen drehte sich alles, die Wut ließ ihr kaum Möglichkeiten, einen sachlichen Satz auf die Zunge zu bringen. Heftig ein und wieder ausatmend, kniff sie ihre Augen zusammen, als sie eine Stimme hörte. Es war ihre Rettung.
 

Vita: Sarah Lee

Sarah Lee ist das Pseudonym der Autorin Julia Meyer. Sie wurde 1983 in Lüneburg geboren.
Sie ging zur Realschule und absolvierte eine Lehre zur Groß-und Außenhandelskauffrau. Sie arbeitet als Vertriebssachbearbeiterin in einer Firma für Tiefkühlfisch.
Seit ihrer Jugend schreibt sie Romane und Kurzgeschichten. Im Laufe der Jahre haben sich viele Geschichten angesammelt. Der erste Erfolg kam 2002 mit dem Kurzkrimi „Josefs Braut“, der in der TV-Zeitschrift „Funk Uhr“ abgebildet wurde.
Der erste Teil der Sina-Reihe, eine Reihe über Freundschaft, Pferde und Lehrthemen, „Sina und das Pony aus dem Schrebergarten“ erschien sowohl im Ebook-Format als auch als Taschenbuch bei Amazon. Teil zwei und drei folgten, ein vierter ist bereits in Artbeit. Die ersten drei Bände gibt es im praktischen Sammelband „Sinas Pferdeabenteuer“ in beiden Versionen, Taschenbuch und Ebook. Des Weiteren schreibt sie auch Liebesromane.
Weitere Werke aus den Bereichen Horror und Thriller sind unter ihrem richtigen Namen ebenfalls bei Amazon erschienen.
Neben ihrem Hund ist die Autorin begeisterte Opel-Fahrerin, geht gern schwimmen, in Freizeitparks und ist mit Freunden unterwegs.
Link zur Autorenseite bei Amazon.
 
 

Sonntag, 10. April 2016

Prinzessin der Nacht von Thomas Endl





Klappentext
Ein All-Age-Fantasy-Abenteuer, das die magische Welt der "Zauberflöte" von Mozart zum Leben erweckt!
Im Sonnenreich Solterra sind Gehorsam und Ordnung die obersten Gebote. Die „Eingeweihten“ regeln das Leben bis ins kleinste Detail: Jeder Bewohner bekommt eine Stundenkugel, die seinen Tagesablauf bestimmt. Die dreizehnjährige Skaia fühlt sich fremd in dieser hellen Welt ohne Freiheit und kann nicht anders, als immer wieder gegen die Regeln zu verstoßen.
Als sie einen geheimen, verwilderten Park entdeckt, gerät sie ins Visier der Mächtigen. Um sich und ihren Bruder zu retten, wagt sie sich mit der scheinweißen Katze Lunetta in eine gefährliche Welt: in das dunkle Land Moxó, wo ein Vogelmensch sein Unwesen treibt - und die Königin der Nacht auf sie wartet. - Mit zahlreichen Abbildungen aus alter Zeit.

 Taschenbuch und E-Book überall im Buchhandel und in allen E-Book-Shops, auch hier.



Leseprobe
Wieder einmal konnte sich Skaia nicht entscheiden, ob sie lieber den Sonnenuntergang oder den Sonnenaufgang genießen wollte. Schließlich setzte sie sich so, dass sie aus den Augenwinkeln beides wahrnehmen konnte. Während sich die Sonne des vergehenden Tages gemächlich hinter die Mauer zurückzog, erwachte am anderen Ende der Stadt ein neuer Morgen. Skaia wandte sich ihm zu, doch bald musste sie vor lauter Helligkeit die Augen schließen. Über ihrem Kopf knackte der Lichttrichter. Er drehte sich der stärker werdenden Strahlung im Osten entgegen, und die Schläuche begannen aufgeregt zu zittern. Da gab es jetzt weit mehr Strahlen einzufangen als auf der Mauerseite. Wie viel war dort noch übrig vom leuchtenden Ball? Skaia blickte hinüber. Zu einem Drittel ragte die untergehende Sonne noch über die harte Steinkante, doch vor ihrem blutroten Licht war ein dunkler Fleck. 

Skaia studierte die Umrisse, die an ein Tier erinnerten. Oben zwei spitze Ohren auf einem schmalen Kopf, darunter der schlanke, elegante Schatten des Rumpfes und ein unruhig zappelnder Schwanz. Ja, es war eindeutig ein Tier, und es spähte zu Skaia herüber. Oder blickte es nur in die aufgehende Sonne, die hinter Skaia immer stärker strahlte? So dunkel, wie das Tier zunächst gewirkt hatte, schien es gar nicht zu sein. Skaia kniff die Augen zusammen, um es deutlicher zu erkennen. Aber da stürzte es plötzlich mit jämmerlichem Geheul ab. Hinter die Mauer.
Es dauerte eine Schrecksekunde, bis sich Skaia auf die Leiter schwang. Dann aber nahm sie zwei Sprossen auf einmal, sprang den letzten Meter und rannte los. Die Straße war menschenleer. Stumm standen die Häuser in Reih und Glied. Die Beete der Gemeinschaftsgärten waren ordentlich abgedeckt - bis Skaia hindurchrannte, um den Weg abzukürzen. Schon erhob sich vor ihr die Mauer. Dahinter hörte sie ein klägliches Wimmern. Das Tier hatte sich offenbar verletzt.
„Ich helfe dir!“, schrie Skaia. „Wenn ich nur wüsste, wie“, fügte sie leise hinzu. 

Wie aus einem einzigen, matten, glatten, grauen Stein gehauen schien dieses Bauwerk. Kein Baum, kein Haus, kein Schuppen lehnte sich daran. Keine Chance zum Klettern. „Eine ungünstige Stelle“, dachte Skaia. Bestimmt fand sie eine bessere, wenn sie ein Stück an der Mauer entlang lief. Einen Weg gab es allerdings nicht. Der Boden war matschig, und wenn Skaias Schuhe einsanken, gab er sie nur schmatzend wieder frei. Dann wucherte wieder so viel Gestrüpp, dass Skaia Mühe hatte, sich durchzuschlagen. In ganz Sol hatte sie noch keinen derart ungepflegten Abschnitt gesehen. Die Mauer aber blieb ebenmäßig, wie aus einem Guss. Die Häuser hielten respektvoll Abstand, und keine Pflanze streckte sich höher hinauf als bis zu Skaias Schopf. Skaia hatte sich noch nie Gedanken über Mauern gemacht. Höchstens über die der Burg. Die waren dafür da, das Aller-heiligste, den Siebenfachen Sonnenkreis, zu schützen. Nur der Gute Herrscher und die Eingeweihten hatten Zutritt. Aber hier? Was war hinter dieser Mauer, mitten in der Stadt? Musste hier auch etwas beschützt werden? Aber was war in einem Notfall, wie ihn Skaia eben beobachtet hatte? Sollte sie den Bezirksbeauftragten informieren? Der würde dann diejenigen benachrichtigen, die die zuständigen Leute alarmieren konnten ... Ob das arme Wesen auf der anderen Seite aber so lange durchhalten könnte?
Zögernd war Skaia stehengeblieben - unentschlossen, was sie tun sollte. Grimmig trat sie gegen das abweisende Steinungetüm. Da entdeckte sie eine feine Spalte, die vom Boden senkrecht in die Höhe führte. Weiter oben knickte sie in die Waagrechte, aber nur kurz, denn gleich ging es wieder abwärts. Eine Tür? Ohne Klinke, ohne Klingel, ohne sonst irgendetwas, das jemandem auffallen würde?
„Hallo?“, rief sie. „Hallo, ist da jemand? Hört mich jemand?“
Keine Antwort.
„Da ist ein Tier von der Mauer gefallen und hat sich verletzt ... Hallo?“, versuchte sie es noch einmal. Dann hämmerte sie mit beiden Fäusten gegen die glatte Fläche, hielt inne und horchte ... Nichts! ... Oder doch? Ein schabendes Geräusch. Zweimal, dreimal.
„Klong“ machte die Tür und sprang auf. Erstaunt steckte Skaia ihre Nase durch den schmalen Spalt.

Autorenvita
Von Thomas Endl sind zahlreiche Kinder- und Geschenkbücher in bekannten Verlagen erschienen. Sein Fantasyroman „Prinzessin der Nacht“, der Mozarts “Zauberflöte” weiterspinnt, gelangte in die engere Auswahl für den „Phantastikpreis der Stadt Wetzlar“ und wurde ebenso wie der erste Band seiner Grusel- und History-Reihe „Karfunkelstadt“ von der „Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur“ zum „Buch des Monats“ gekürt.
Dabei hat Thomas Endl eigentlich Journalist gelernt und als Regisseur Dokumentationen für das Fernsehen gedreht, meist zu historischen Stoffen. Auch wenn dies nach harten Fakten klingt – mal ganz ehrlich: Was könnte phantasiebeflügelnder sein als die weite Welt der Vergangenheit?
Für das Geschichtenerfinden hat er traumhafte Bedingungen: Von seinem Schreibtisch aus blickt er in ein grünes Paradies. Und sein Kater Max schnurrt ihm so manche kuriose Idee ins Ohr.

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