Sonntag, 19. November 2017

Rowan - Verteidigung der Felsenburg von Aileen O'Grian



Band 2 der Romanreihe um den Magier Rowan
Rowan ist älter geworden, und noch immer wird er von seinem Großvater, dem Magiermeister Bunduar, in die Magie eingeführt. Nach einem Anschlag auf sein Leben auf Burg Wanroe, wird er an die Königshöfe von Cajan und später Llylia geschickt, um auch bei anderen Magiermeistern zu lernen. Dort trifft er seine Freunde Ottgar und Mardok wieder. Doch auch in den Nordreichen ist sein Leben in Gefahr, sodass er großen Mut und sein gesamtes Können benötigt, um sich und seine Freunde zu retten.
Erhältlich bei Amazon, Thalia, Weltbild, Hugendubel, Buch.de und Bücher.de


Kapitel 2

Es wurde dunkel. Rowan konnte kaum noch lesen, da die kleinen Fenster nur
wenig Licht hereinließen. Also klappte er das Buch zu und erhob sich. Er verließ
das Studierzimmer, stieg die steinerne Wendeltreppe hinab und öffnete die Tür, die
in den Turm führte.
Als er ins Freie trat, schoss ein Pfeil haarscharf an seinem Arm vorbei und bohrte
sich in die Tür.
Mit einem Satz sprang Rowan zurück und warf die Tür zu. Vermutlich befanden
sich Angreifer gegenüber dem Turm beim Gesindehaus. Gespannt lauschte er,
doch er hörte nichts. Nach einer Weile zog er seinen Umhang aus, nahm eine
erloschene Fackel, die nachts zur Beleuchtung diente, aus der Halterung und
stülpte den Umhang darüber. Dann öffnete er die Tür einen Spaltbreit und schob
die Fackel vorsichtig hindurch. Sofort schlugen zwei Pfeile in die Tür. Ein dritter
durchbohrte den Umhang und nagelte ihn an der Tür fest.
Rowan ließ ihn hängen, schlug die Tür zu und verriegelte sie. Hoffentlich befand
sich wirklich niemand im Turm. Ein Schauer lief über seinen Rücken. Besorgt
lauschte er und blickte sich suchend um.
Schließlich eilte er die Treppe wieder hoch. Auf jeder Etage zögerte er, ehe er an
der jeweiligen Kammertür vorbeihastete, auch am Studierzimmer im zweitobersten
Stockwerk, bis er oben auf der Wehrplattform stand. Dort verbarg er sich hinter
einer Zinne, damit er nicht gesehen wurde, und pfiff, so laut er konnte, auf zwei
Fingern, um Hilfe zu rufen. Doch keiner antwortete. Anscheinend waren
inzwischen alle im Rittersaal versammelt. Es war Essenszeit. Ob er vermisst
würde? Darauf wollte er nicht warten.
Er kramte in dem Beutel, den er am Gürtel trug, und zog ein Elfenfeuer, einen
Kegel aus Harz, heraus, stellte ihn auf die Mauer und entzündete ihn mit dem
Feuerstein und Zunder. Anschließend sammelte er seine Gedanken, bis sie sich mit
der Geisterwelt verbanden.

 „Sirii, wo bist du? Ich brauche dringend Hilfe!“, rief er den Elfenprinzen, bevor er
das Elfenlied anstimmte.
Es dauerte eine Weile, bis er es surren hörte. Plötzlich wurde der Elfenprinz Sirii
vor seinen Augen sichtbar.
„Hast du dich wieder in Schwierigkeiten gebracht?“, fragte Sirii schmunzelnd.
„Was kann ich dafür, dass mir die Königin nach dem Leben trachtet?“
Fragend zog Sirii seine Augenbrauen nach oben.
„Sie mag mich nicht“, erklärte Rowan. „Ich denke, es sind ihre Leute, die unten
auf die Tür schießen. Wie komme ich jetzt aus dem Turm heraus? Ich habe keine
Lust, hier zu übernachten.“
Sirii lachte. „Soll ich sie verprügeln oder lieber deinen Großvater holen?“
„Der ist sicher im Rittersaal. Es wäre schön, wenn du Bunduar herbeirufst. Ich
weiß nicht, wie lange die Tür die Angreifer abhält. Vielleicht gibt es sogar noch
einen geheimen Eingang in den Turm.“
„Dann beeile ich mich lieber.“ Sirii verblasste wieder. Der Elf konnte sich von
normalen Menschen ungesehen Bunduar nähern und ihn lautlos um Beistand
bitten.
Rowan erschien die Wartezeit ewig, ungeduldig wanderte er hin und her, bis er sich
zusammenriss, sich hinsetzte und versuchte, seine innere Mitte zu finden.
Als er Stimmen hörte, schrak er hoch. Leise schlich er an eine der Schießscharten
und beugte sich hinaus. Vor dem Turm sah er Bunduar, Wilhar und mehrere Ritter
stehen. Sie beratschlagten sich, schließlich ging ein Ritter zur Turmtür und
versuchte, sie zu öffnen. In dem Augenblick ertönten hinter dem
gegenüberliegenden Gesindehaus laute Schreie. Rowan sah, wie zwei Männer
flohen – genau in die Arme des Königs. Die Ritter nahmen sie fest.
Peruan war mit zwei Knappen um das Gesindehaus herumgegangen und als er
zurückkam, trugen die Knappen einen dritten Mann. Sirii hatte gründliche Arbeit
geleistet. Sicher hatte er sich ihnen unbemerkt genähert, sie überrascht und
entwaffnet, bevor sie überhaupt begriffen, dass ihnen ein unsichtbarer, schneller
und gewandter Gegner gegenüberstand.


Aileen O'Grian
Was wäre wenn? - Fantasy als Spiel mit den Möglichkeiten
Seit Jahren schreibe ich aus Spaß am Phantasieren Märchen, Fantasy und
Science-Fiction und habe diverse Kurzgeschichten in Anthologien und
Literaturzeitschriften veröffentlicht.
Den Magier Rowan mag ich so gern, dass ich mir vorgenommen habe, eine
Kurzromanreihe zu schreiben.
Leseproben von mir gibt es auf meinem Blog: http://aileenogrian.overblog.com/

Sonntag, 5. November 2017

Caras Zwölf von Chantel Seabrook


Übersetzerinnen:
Eva Markert und Christina Löw

Titel der Originalausgabe:
Cara’s Twelve

Klappentext:
Aufgewachsen in der rückständigen Provinz Crowthorne, muss Cara eines Tages feststellen, dass ihr Schicksal von einem System bestimmt wird, das ihr verhasst ist, und von einer Göttin, an die sie schon lange nicht mehr glaubt. Da die Thronerbin von Elbia keine Gnade vor den Augen der Göttin findet, wird Cara als Nächste in der Abstammungslinie dazu erkoren, den Platz ihrer Cousine in der Thronfolge einzunehmen.
Aus den zwölf Provinzen kürt der königliche Rat zwölf Beschützer und Gefährten, die der zukünftigen Königin ihr Leben und ihr Schwert weihen. Unter diesen Männern soll Cara ihren Gemahl, den König von Elbia, auswählen. Bevor sie den Thron besteigen kann, müssen sie und ihre Zwölf jede Provinz besuchen und eine heilige Zeremonie durchführen, bei der Caras bisheriges Weltbild völlig auf den Kopf gestellt wird.
Bald merkt sie auch, dass sie nicht jedem ihrer Beschützer trauen kann. Einige wären sogar bereit, sie aus Machtgier als Mittel zum Zweck zu benutzen.
„Caras Zwölf“ ist eine erfrischend andere, romantische Fantasygeschichte über holde Maiden und furchtlose Krieger in einem Land des Mittelalters.
Erhältlich bei Amazon

Leseprobe:

Kapitel 1

Cara unterdrückte einen Schrei. Das glaube ich jetzt nicht. Das kann nicht wahr sein.
„Caralynne, Tochter von Elara.“ Der dunkle Blick des königlichen Ministers der Königin ruhte auf ihr und ließ sie erstarren. „Die Hohepriesterin fordert Euch im Namen der Göttin auf, Euch innerhalb eines Monats am königlichen Hof in der Heiligen Stadt von Annul einzufinden.“
Ihre Knie wurden weich und jedes Gefühl wich aus ihrem Körper. Unter ihrem einfachen blauen Gewand rann Schweiß über ihre Haut.
Der Minister räusperte sich. „Als direkte Nachfahrin der Göttin Annul wurdet Ihr von der Hohepriesterin und dem Rat der Königin zur rechtmäßigen Erbin und zukünftigen Königin von Elbia ernannt.“
Lärm erhob sich im Raum. Ein Chor aus gemurmelten Worten und erschrockenem Keuchen.
Die Worte des Ministers hallten in ihrem Kopf wider, doch sie weigerte sich immer noch, sie zu glauben.
Die Krone wurde von der Mutter an die Tochter weitergegeben. Es war das Blut von Annul, das sie zu Königinnen machte. Cara hatte keinen Anspruch auf den Thron, abgesehen davon, dass ihre Mutter die Schwester der augenblicklichen Königin gewesen war.
„Cara.“ Lord Herron durchbrach das Stimmengewirr und richtete das Wort an sie.
„Ich verstehe nicht.“ Ihre Hände zitterten, während sie sprach. „Die Königin hat eine Erbin. Meine Cousine Maeve.“
Herron seufzte schwer. „Maeve leidet seit einiger Zeit an einer Krankheit. Wir wussten, dass die Möglichkeit bestand –“
„Ihr wusstet es?“ Ihre Stimme war ein heiseres Wispern. Ungläubig riss sie die Augen auf und blickte kopfschüttelnd zu Herrons Brüdern, Reyn und Callion, die zwei ihrer engsten Freunde waren, und dann zu ihrem Vater. Sie hoffte, er würde diesen Vorwurf bestreiten.
Callions Wangen brannten dunkelrot, Reyn konnte ihr nicht ins Gesicht sehen, die schuldbewusste Miene ihres Vaters traf sie bis ins Innerste.
Cara starrte sie an. Ärger brach sich trotz ihres Schocks Bahn.
Herron machte einen Schritt auf sie zu, seine dunklen Augen schauten ernst vor Sorge. „Der Rat hat versucht, Maeves Krankheit so lange wie möglich geheim zu halten in der Hoffnung, sie würde vollständig genesen. Man nimmt an, dass sie am Leben bleiben wird, jedoch –“
„Wenn meine Cousine noch lebt, warum werde ich dann in die Heilige Stadt gerufen?“
Callion, Herrons jüngster Bruder, stellte sich neben sie. Er streckte seine Hand aus und umfasste ihre. In seiner Hand fühlten sich ihre Finger eisig an. Sie wollte sie ihm eigentlich entziehen, aber für den Moment ließ sie es zu, dass seine Wärme und Kraft sie stärkten.
Herron runzelte die Stirn. „Die königlichen Ärzte haben erklärt, dass Maeve unfruchtbar ist. In den Augen von Annul ist sie deshalb von der Thronfolge ausgeschlossen.“
Sie konnte es immer noch nicht glauben und schüttelte den Kopf. „Das macht keinen Sinn. Maeve ist Birkitas Tochter. Sie sollte Königin sein, nicht ich.“
Der Minister hüstelte. „In den Augen der Göttin Annul seid Ihr nun die wahre Tochter der Königin. Ihre einzige lebende Erbin.“
Caras Herz raste, ihr Mund wurde trocken und sie hatte Mühe zu atmen. Sie musste hier raus.
„Nein.“ Sie zog ihre Hand aus Callions und trat einen Schritt zurück. Herrons Gesicht verschwamm vor ihren Augen, sie sah es nur verzerrt durch ein Prisma von Tränen. Cara blinzelte, bis sie seine Züge wieder klar erkennen konnte. „Meine Mutter war Elara und Crowthorne ist meine Heimat. Es ist mir egal, was der Rat sagt. Ich werde nicht hingehen.“
„Du hast keine andere Wahl.“ Das Echo von Herrons Worten folgte ihr, als sie aus dem Saal floh.

Autorin
Chantel Seabrook lebt zurzeit mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern in London, Ontario. Sie schreibt leidenschaftlich gern und liest mit Vorliebe Fantasy, paranormale Liebesromane und Science Fiction. Chantel hat einen vierjährigen Abschluss der Western University in Anthropologie.